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Goldene Reißzwecken

Brandenburger Innovationen mit Durchblick, Pfiff und gutem Geschmack

Brandenburger Innovationen mit Durchblick, Pfiff und gutem Geschmack

Ein Kaleidoskop von Leistungen, ohne die die Welt ärmer, oder zumindest weniger schnell oder schmackhaft vorangekommen wäre.

1

Der ordentliche Uhrmacher

Johann Kirsten ist ein ordnungsliebender Mann. Und deshalb sucht der Uhrmachermeister aus der Stadt Lychen im Norden in Brandenburg nach einer Möglichkeit, Rechnungen und anderes wichtiges Schriftgut in Augenhöhe zu platzieren. Das ist die Geburtsstunde der Reißzwecke. Kirsten gilt als ihr Erfinder. Andere auf der Welt machen ihm die Pioniertat streitig. Gleichwohl ist seine Legende die Schönste! Und er hat im eigenen Land einen würdigen Partner bei der Erfindung von Büroutensilien: Robert Reiss, der nachweislich in Bad Liebenwerda 1903 das erste Reißbrett als Zeichenhilfe erfindet und patentieren lässt.

Die Stadt Lychen bietet eine Stadtführung an, bei der zur Ehre Kirstens Reißzwecken den Weg weisen: Hier erfährst du mehr.

2

Das Reinheitsversprechen für den Markt

Hermann Henschel schätzt Hygiene. Und so kann es der Buchbinder von Luckenwalde überhaupt nicht verknusen, wenn Marktfrauen Mitte des 19. Jahrhunderts frisches Fleisch, Fisch oder Käse in Zeitungspapier wickeln. Bei Druckerschwärze an Lebensmitteln vergeht dem jungen Mann schnell der Appetit. Mit erst 23 Lebensjahren schafft Henschel Abhilfe. 1867 nutzt er für erste Versuche ein damals neuartiges Papiermaterial, das sich wie ein Teller formen lässt. Mit Maschinen aus seiner Buchbinderei prägt er sogar Muster ein. Doch erst als mit extra hergestellten Pressen eine preiswerte Massenproduktion starten kann, greifen die Abnehmerinnen und Abnehmer zu - zuerst Geschäftsleute aus Berlin, dann aus der ganzen Welt. Der Siegeszug des Papptellers beginnt. Fast Food folgt ein Jahrhundert später.

Im Heimatmuseum Luckenwalde lassen sich zeitgenössische Dokumente bestaunen, die Henschels Urenkelin jüngst an das Museum übergab.

3

Wer beim Geld zweimal hingucken muss…

Dem Rathenower Pfarrer ist das Geld zu knapp. Und so sinnt der wissenschaftlich interessierte Christ nach neuen Einkommensquellen. Zwei Umstände kommen dem knapp 30-jährigen Johann Heinrich August Duncker entgegen: der auf Nürnberg konzentrierte, niedrige Entwicklungsgrad der Brillenproduktion in deutschen Landen und der wachsende Bedarf an gut sehenden Zeitgenossen für Wirtschaft und Militär. 1801 gründet der Theologe zusammen mit Garnisonspfarrer Wagner die „Königlich privilegierte optische Industrie-Anstalt“ und wird Erfinder der Vielschleifmaschine, die er zum Patent anmeldet. Und so macht ein Rathenower Kirchenmann seine Heimatstadt zur Wiege der modernen Optik.

Für alle, die sich für das Wirken Dunckers interessieren, können hier vorbeischauen.

4

Der Roggenkönig

Ferdinand von Lochow hat es satt. Als Dritter seiner Sippe bewirtschaftet er das über tausend Hektar umfassende Rittergut Petkus, dessen Boden nichts hergibt. Bei einer jährlichen Regenmenge von nur knapp über 600 mm und rauen Wintern können nur spärliche Erträge erzielt werden. Ferdinand experimentiert. Durch ständige Auslese gelingt es ihm einen anspruchslosen, aber sehr leistungsstarken Roggentyp zu züchten. Einen, der auch unter anderen Klima- und Bodenbedingungen nicht schlappmacht und nahezu überall hohe Kornerträge sichert. In europäischen Roggenanbaugebieten gehören Petkuser Winterroggen und Einkreuzungen mit zu den am meisten angebauten Roggensorten.

Heutzutage befindet sich ein Hotel im Gutshaus Petkus. Das dazugehörige Restaurant wurde nach dem Roggenkönig benannt und kann hier besucht werden.

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Schnell, schneller, Kuko

Peter Kretschmer hat es eilig. Die Zubereitung von naturbelassenen Erbsen oder Linsen ist eine viel zu zeitraubende Tätigkeit für die berufstätige Ehefrau. Noch Mitte der 1960er-Jahre empfehlen Kochbücher lange Zeiten zum Einweichen der Hülsenfrüchte - möglichst sogar über Nacht. Sonst seien unangenehme Nebenwirkungen beim Genuss nicht auszuschließen. Diese lange Kochzeit muss den DDR-Hausfrauen erspart bleiben! So lautete der Auftrag der DDR-Oberen an das Team um den jungen Kretschmer Mitte der 1960-er Jahre. Am damaligen Institut für Getreideforschung in Potsdam-Rehbrücke entwickelt der Forscher zeitsparende Verfahren. Bodenständige und ohne Zutaten „aus dem Westen“ gekochte Gerichte werden zu seinem Markenzeichen.

Kretschmer ist übrigens einer der „Brandenburger Köpfe“. Ein Blick auf unsere Seite zu den „Brandenburger Köpfen“ lohnt sich.

6

Der Fahrstuhl für Schiffe

Der Monarch kneift. Seit Jahren liegt dem preußischen König und deutschen Kaiser ein Konzept vor, wie Schiffe auf dem Weg von Berlin über die Oder nach Stettin die 36 Meter Höhenunterschied bei Niederfinow schneller überwinden können. Doch Wilhelm II. scheut das Risiko einer Pioniertat und beschließt 1905 den Bau einer Schleusentreppe. Viel zu klein und zu langsam wird in den 1920er-Jahren von seinen Nachfolgern begonnen, endlich die alten Pläne eines Schiffsfahrstuhls zu verwirklichen. 1934 nimmt die „Großtat deutscher Ingenieurskunst“ seinen Betrieb auf. Insbesondere das Sicherheitskonzept ist bis heute patentiert. Mit dem Prinzip der sogenannten Mutterbackensäulen funktioniert heute auch das neue Schiffshebewerk am Drei-Schluchten-Stausee in China.

Und alle, die den „ingenieurskünstlerischen Koloss“ selbst bestaunen möchten, finden hier mehr Informationen.

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Spritzkuchen von Bahnsteig 1

Zietemann setzt auf den Zug. Als 1842 die Züge auf der neuen Bahnlinie Berlin - Stettin auch in Eberswalde Halt machten, lässt der gerade zugewanderte Konditor und Lebküchler Gustav Louis Zietemann seine delikate Erfindung auch auf dem Bahnhof feilbieten. Ein in Fett ausgebackener Brandteig tritt seinen Siegeszug an. Unter dem Namen Eberswalder Spritzkuchen macht er seine namensgebende Stadt kulinarisch zuerst berühmt – und dann berüchtigt. In der Zeit nach der Weltwirtschaftskrise in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts zierten diese kleinen Wahrzeichen der Stadt Notgeld-Scheine zu 25 und 50 Pfennig. Das führte zu dem Gerücht, dass sie nur zum Kauf von Spritzkuchen am Bahnhof gedacht waren. Erst viel später folgen die Eberswalder Würstchen, die die Stadt auf schmackhafte Weise heute in aller Munde halten.

Übrigens: Zietemanns Abbild ziert – wie das Schiffshebewerk übrigens auch - einen „BARNI-Taler“. Diese gehören zu einem Treuetaler-System, dem sich bereits 44 regionale Geschäfte angeschlossen haben. Hier erfährst du mehr.

Brandenburg ist...